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Alte Räume für neue Ideen

von Dominik Dose

68 gebrauchte Seefrachtcontainer in einer ehemaligen Schweinemarkthalle von 1927: Was zuerst einmal schwer vorstellbar klingt, ist eine der interessantesten Ansammlungen von Start-ups in Karlsruhe. In eben diesen äußerlich unveränderten Containern im „Kreativpark Alter Schlachthof“ können Existenzgründer, deren Geschäft noch nicht länger als drei Jahre läuft, kostengünstig Raum für die Verwirklichung ihrer Ideen anmieten. Ganz gezielt sollen zwischen den Nutzern, die aus der Kreativ- und Kulturbranche stammen, Synergieeffekte entstehen, etwa durch coworking spaces. Seit knapp anderthalb Jahren läuft das Projekt mittlerweile – mit Erfolg?

Einer der Mieter des „Perfekt Futur“ genannten Projekts ist Albert Lazerson. In seinem Container entwirft und schneidert er als Teil des Designkollektivs „Freisinn“ Klamotten, die einen radikalen Bruch zur gewöhnlichen Stangenware darstellen. „Wir produzieren hier echte Unikate, komplett handgemacht. Jedes einzelne Stück ist eine Maßanfertigung nach individuellen Wünschen.“, umreißt Lazerson die Besonderheit seines Start-ups. Selbst ihm fällt es schwer, die eigene Mode in Worten zu beschreiben. Statt einem Ausgang kann hier ein Ärmel auch mal sechs Löcher für die Hände haben, Schnittmuster brechen mit der klassischen Aufteilung in Vorder- und Rückenteil, Kapuzen haben ein „Guckloch“ – alles scheint hier möglich zu sein.

Sprungbrett in die Selbstständigkeit
Es ist eine ganz typische Geschichte, wie der Existenzgründer den Weg in die Selbständigkeit und ins Pefekt Futur fand. Lange war die Schneiderei nur ein Hobby, doch auf dem Kulturmarkt „Support the Underground“ fanden die Stücke reißenden Absatz. „Ein Riesenerfolg, der uns auf den Gedanken brachte, uns selbständig zu machen“, so Lazerson. Ursprünglich war der Sprung in ein „echtes“ Atelier, etwa in der Südstadt angedacht. Seine Geschäftspartnerin Suzanna von Coelln kam schließlich mit der Idee, in den Alten Schlachthof zu gehen. Über eine Bewerbung bei der der Fächer GmbH und das Kulturbüro K3 fanden die beiden dann den Weg ins Perfekt Futur. Lazerson beschreibt den Bewerbungsprozess als unkompliziert: „Die fanden uns cool, und schon waren wir drin.“

„Perfekt Futur hält Kreative in Karlsruhe“

Knapp 200 Euro müssen die Mieter für einen wenig geräumigen Container überweisen. Andere Start-ups haben derweil gleich mehrere nebeneinanderliegende und miteinander verbundene Ex-Frachtbehälter angemietet, die so einen größeren Einzelraum schaffen. Tatsächlich scheint auch das angedachte coworking zu funktionieren. Die in einem benachbarten Container untergebrachte Kommunikationsagentur „Emotions-Design“ gestaltet so etwa die Homepage von Lazerson, nach seinem Einzug liehen ihm anderen Nebenmieter Werkzeuge. „Die Atmosphäre stimmt hier einfach und man hat die Chance ohne Einschränkungen zu arbeiten“, erklärt der Mann, dessen Geburtsname besser klingt als jeder Künstlername. Zu dieser Freiheit gehört auch, dass alle Mieter rund um die Uhr Zutritt zum Gebäude haben. „Manche haben sogar schon im Container übernachtet, wenn es sein musste“, so der Designer. Das erklärt auch, warum sich neben einem Toilettencontainer sogar eine Blechbox mit eingebauter Dusche findet.

Überhaupt wurden die alten Container kreativ umgewidmet. Auch eine Gemeinschaftsküche gibt es in der ehemaligen Schweinmarkthalle, jeder Mieter richtet den bei Bezug leeren Container nach seinem Gusto ein. So herrscht etwa in Lazersons Raum eher ein kreatives Durcheinander, während andere durchaus repräsentativ hergerichtet sind. Nichts lässt mehr erahnen, dass in der von außen unscheinbaren Halle einstmals Tiere gehandelt wurden und in den Container alles Mögliche über die Weltmeere transportiert wurde. Alte Hüllen wurden mit neuen Ideen gefüllt. „Natürlich ist das alles hier von vorneherein geplant und an sich nicht einfach so durch Kreativität entstanden“, versucht Lazerson mögliche Fehler zu finden, „aber letztendlich gelingt es Karlsruhe so endlich einmal, die Kreativen zu halten, statt sie an andere Städte oder gar Länder zu verlieren.“ Augenzwinkernd gesteht der ansonsten eher kritische Designer abschließend ein: „Mit Perfekt Futur hat Karlsruhe ausnahmsweise mal etwas richtig gemacht.“

Für weitere Informationen:
www.freisinn-design.de
www.perfekt-futur.de
www.facebook.com/LazerAndSonDesign
www.emotions-design.de

Bildergalerie:

Fotos: Oliver Plank

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