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Upcycling macht schick!

von Cathrine Huber und Kerstin Fröhlich

Natürlich findet man an jeder Ecke der nächstgelegenen Innenstadt oder im Internet tolle Mode.
Zu jeder Jahreszeit neu gefüllte Regale und Kleiderschränke beweisen, dass Shopping geradezu eine Volkssportart geworden ist. Aber muss Kleidung immer neu sein, wenn man sie kauft? Und was steckt eigentlich hinter dem T-Shirt der großen Modekette, das man letzte Woche so günstig erworben hat?

Wenn man dieser Frage nachgeht, stößt man unter anderem auf den immensen Wasserverbrauch bei der Produktion eines einzigen T-Shirts. Dieser ist mit bis zu 2.700 Litern um einiges größer, als wohl die meisten erwarten. Hinzu kommt der chemische Fingerabdruck, der auf Kleidung etwa durch Färben oder Bleichen hinterlassen wird. Die Organisation Greenpeace zeigte in ihrer Studie Anfang des Jahres, dass sich sogar in Kinderkleidung für den Menschen gefährliche Stoffe nachweisen ließen. Davon war auch Kleidung namhafter Hersteller betroffen.
Auch die aktuellen Diskussionen um eingenähte Hilferufe in Kleidung der Modekette „Primark“ sowie der Fabrikeinsturz in Bangladesch letztes Jahr demonstrieren unter welchen zweifelhaften Bedingungen die Produktion von niedrigpreisigen Kleidungsstücken stattfindet.
Dennoch gibt es Ideen, die für mehr Bewusstsein im Umgang mit der „Ressource Kleidung“ sorgen sollen.

Christina Schelhorn, Gründerin des Hamburger Modelabels redesign, hat es sich zum Ziel gemacht, Unikate aus Vintagestoffen zu gestalten. Was genau geschieht, wenn sie kreativ wird, erzählte sie dem sei-haltbar.de-Team:

sei-haltbar.de: Frau Schelhorn, im Jahr 2009 haben Sie redesign gegründet. Was war dabei die Vision des Projekts?
Frau Schelhorn: Die Absicht war natürlich Kleidung herzustellen, die keine Ressourcen verbraucht. Im Vordergrund stand also Kleidung zu schneidern, die nachhaltig ist. Dazu verwende ich lediglich Alttextilien wie weggeworfene Kleider, Stoffreste, alte Tischdecken, Vorhänge oder Bettwäsche.

sei-haltbar.de: Und sowas wollen die Leute tragen?
Frau Schelhorn: Ja, denn gerade die bunten Muster und faszinierende Stoffe aus vergangenen Tagen verleihen einem modernen Outfit ja erst die besondere Klasse. Bei mir entstehen beispielsweise Röcke aus Krawatten und Cocktailkleider aus gebrauchten Schürzen – nachhaltiges Schneidern sieht so gar nicht mehr altmodisch aus.

sei-haltbar.de: Wie wählen Sie Ihre Stoffe aus?
Frau Schelhorn: Ich suche dabei hauptsächlich nach Retro-Mustern. Gleichzeitig schaue ich dann natürlich darauf, dass das Material gut erhalten ist. Häufig sind alte Klamotten einfach sehr stark abgenutzt oder kommen aus „Billig-Läden“. In solchen Fällen sind die Stoffe schon nach zweimal Waschen so verschlissen, dass sie für mich nicht mehr brauchbar sind. Ich suche dabei einfach nach Qualität!

sei-haltbar.de: Sehen Sie in der alten Kleidung denn dann schon direkt das neue Produkt?
Frau Schelhorn: Ja, meistens habe ich das eigentlich schon im Kopf. Oft fallen mir auch gleich mehrere Dinge ein, die man daraus schneidern könnte. Mit der Zeit habe ich mehrere Schnitte entwickelt, die ich beim Nähen anwende. Dann sehe ich eigentlich sehr schnell was aus den jeweiligen Stoffen rauszuholen ist. Das ergibt sich aber immer aus der Stoff-Menge.

sei-haltbar.de: Arbeiten Sie schon immer in der Modebranche?
Frau Schelhorn: Vorher habe ich auch schon im Modebereich gearbeitet, ja. Allerdings in einer anderen Sparte – ich war Kommunikationsdesignerin. Mittlerweile mache ich redesign hauptberuflich. Nebenher gebe ich aber auch noch verschiedene Workshops.

sei-haltbar.de: Was genau sind das denn für Workshops?
Frau Schelhorn: Das sind Textilrecycling-Workshops, bei denen ich mein Können an andere Menschen vermittle. Dabei bringen die Teilnehmer ihre eigenen Stoffe mit, ich steuere dann meine Ideen bei und zeige ihnen, was sie daraus machen können.

sei-haltbar.de: Und in Ihrer Freizeit? Greifen Sie privat auch auf Altes zurück um Neues zu schaffen?
Frau Schelhorn: Ja, bei meiner Kleidung natürlich. Die ist aus Altem geschaffen. Aber darüber hinaus mache ich das eigentlich nicht.

sei-haltbar.de: Können Sie denn in ein bis zwei Sätzen erklären, was Sie unter dem Begriff „Nachhaltigkeit“ verstehen?
Frau Schelhorn: Ich verstehe darunter, den Konsum soweit wie möglich einzuschränken. Dazu sollte man sein eigenes Konsumverhalten durchleuchten.

sei-haltbar.de: Was genau tragen Sie privat dazu bei, Nachhaltigkeit zu leben?
Frau Schelhorn: Ich benutze beispielsweise ausschließlich Ökostrom, ernähre mich seit langer Zeit vegan und mache keine Fernreisen. Generell versuche ich den Konsum so wenig wie möglich in Anspruch zu nehmen. Nachhaltigkeit ist in meinem kompletten Leben verankert.

sei-haltbar.de: Sogar die Preisschilder Ihrer redesign-Produkte sind recycelt. Dafür benutzen Sie alte Postkarten.
Frau Schelhorn: Ja, das sind private Postkarten, die ich von Freunden geschickt bekommen habe. Die sind alle schon sehr alt. Zum Teil finde ich diese aber auch auf Flohmärkten. Für die Etiketten falte ich dann jeweils eine halbe Postkarte in der Mitte zusammen und klebe das redesign-Logo darauf. Das sieht dann sehr süß aus. Innen steht, dass das Kleidungsstück nachhaltig produziert wurde.

sei-haltbar.de: Glauben Sie, die Welt würde sich bessern, wenn es in Zukunft mehr Unternehmen gäbe, die nach dem „redesign-Konzept“ arbeiten?
Frau Schelhorn: Ja, auf alle Fälle! Aber nur soweit das eben umsetzbar ist. In sehr vielen technischen Bereichen zum Beispiel ist Recycling ja leider gar nicht möglich.

Upcycling macht schick!

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